Research und Märkte
Real Assets: Infrastruktur
Oktober 2025
Volkswirtschaftlicher Überblick.
Es mag verwunderlich erscheinen, aber die Weltwirtschaft wächst weiterhin robust mit rund 3 %. In Deutschland ist dagegen weiterhin Stagnation angesagt: Die Konjunktur ist leblos, und die Arbeitslosenzahl ist inzwischen auf rund drei Millionen Personen gestiegen. Die Hoffnungen auf strukturelle Reformen zur Verbesserung der hiesigen Standortbedingungen schwinden. Dass die Aktienmärkte dennoch gelassen sind, liegt vor allem daran, dass die von den USA verhängten Zölle für die meisten Unternehmen noch verkraftbar erscheinen, solange es nicht zu einem ausgewachsenen globalen Handelskrieg kommt. Zugleich bleibt die Region Asien trotz der anhaltenden ökonomischen Probleme Chinas der kräftige Motor der Weltwirtschaft. Und es gibt noch eine weitere ökonomische Lichtquelle: Wir befinden uns in einer Zeit der technologischen Revolution – mit der Digitalisierung im Allgemeinen und der Künstlichen Intelligenz im Besonderen. Sie liefern den Stoff für die Börsenhoffnungen und für die Erwartung auskömmlicher Produktivitätssteigerungen in den Unternehmen.
Im Bereich der Infrastruktur ist eine von der Politik ausgelöste regionale Verschiebung der relativen Attraktivität im Gange. In den USA wurden im Rahmen des OBBBA (One Big Beautiful Bill Act) zentrale Steuergutschriften für erneuerbare Energien teilweise befristet bzw. gekürzt und Übergangsfristen definiert. Flankierend kündigte die US-Regierung an, „marktverzerrende“ grüne Subventionen rasch zurückzufahren. Zusammengenommen erhöht das die Planungsunsicherheit bei neuen Wind- und Solarprojekten in den USA, wenngleich Übergangsfristen bestehen. Für viele Investoren dürfte das die Standortattraktivität der USA für langfristige Infrastruktur-Engagements etwas schmälern.
Europa hat diesbezüglich dagegen hinzugewonnen: Die Kombination aus stabiler Regulierung, industrie- und sicherheitspolitisch motivierten Infrastrukturprogrammen sowie die Aussicht auf planbarere Genehmigungsprozesse wird inzwischen als Standortvorteil gesehen. In Deutschland unterstreicht das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität in Höhe von 500 Mrd. Euro diese Entwicklung. Das Sondervermögen soll Investitionen in Energie, Verkehr, Digitalisierung und die Klimawende mobilisieren. Damit entsteht für private und institutionelle Anleger ein breiter und gut investierbarer Deal-Flow, der bei dem derzeitigen Zinsniveau zu attraktiven Rendite-/Risikoprofilen führen dürfte. Zu viele Hoffnungen auf einen kräftigen Wachstumsschub sollte man sich jedoch nicht machen, denn es gibt erste Anzeichen dafür, dass ein Teil der zusätzlichen finanziellen Mittel für ohnehin geplante Projekte verwendet werden könnte („Verschiebebahnhof“).
Zunehmende Beachtung in der öffentlichen Wahrnehmung findet die steigende Staatsverschuldung der Industrieländer. An den Märkten sind die Staatsschulden aber kein dominierendes Thema. Man vertraut weiterhin auf die Zahlungsfähigkeit der Staaten, und es steht genügend Kapital zur Verfügung, um neu begebene Anleihen zu zeichnen. Da es in den Bilanzen von Unternehmen und privaten Haushalte keine finanziellen Ungleichgewichte in Form von überhöhter Verschuldung gibt und alternde Gesellschaften weiter Staatsanleihen kaufen, steht unseren konstruktiven Kapitalmarktperspektiven auch mit Blick auf die Staatsverschuldung nichts im Weg. Allerdings unterstreichen die steigenden Staatsschuldenquoten die Notwendigkeit von privatem Kapital für eine erfolgreiche digitale und nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft.
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