Trends und Innovation
„Metaverse ist ein Nachfolger des Internets"
Das Metaverse ist mehr als eine fixe Idee. Für Anlegerinnen und Anleger ist es bereits ein Stück weit real. Wer davon wie stark profitiert, ist in den unendlichen Weiten der virtuellen Welten jedoch noch nicht wirklich entschieden. Das machen Dorota Kummer, Co-Fondsmanagerin des Deka-Digitale Kommunikation und Analystin für Medien/Gaming, und ihr Kollege Gunnar Heinze, der diverse Technologiefonds der Deka betreut, im Gespräch mit fondsmagazin deutlich.
März 2022
Frau Kummer, Herr Heinze, was genau ist das Metaverse? Und was sollen wir da eigentlich?
Heinze: Im Grunde geht es um eine Verschmelzung digitalen Lebens mit physischem Leben. Wie das passiert, wer dabei vorne ist, welche Geschäftsmodelle und welche Anwendungen sich langfristig durchsetzen werden – da ist noch nichts in Stein gemeißelt. Aber es wird viele Möglichkeiten für Anlegerinnen und Anleger geben. Facebook hat sich hier selbst durch seine Umbenennung in „Meta“ besonders weit vorn ins Schaufenster gestellt. Auch Unternehmen wie Microsoft, Adobe, Nvidia positionieren sich. Oder die Spieleplattform Roblox, das ist etwas greifbarer. Insbesondere die nötigen Investitionen in die technologische Infrastruktur bieten schon heute attraktive Investitionsmöglichkeiten.
Kummer: Man kann sich das Metaverse als eine Art Nachfolger des Internets, wie wir es kennen, vorstellen. Es geht um eine dreidimensionale virtuelle Welt, die von allen genutzt wird und in der man sich in Echtzeit aufhalten kann. Die Frage, was wir da genau machen sollen, werden unsere Kinder beantworten. Es muss noch einiges passieren, bis ein echter Nutzen entsteht. Vieles muss sich ändern: der Datenschutz, die Internetgeschwindigkeiten, die Bandbreite. Das wird noch Jahre dauern. Aber die Pandemie hat uns dieser virtuellen Welt ein deutliches Stück nähergebracht.
Ist es nur ein Hype oder schon ein Trend?
Heinze: Vielleicht kann man es so sagen: Es ist ein positiver Trend, der durch Facebook gehypt wurde. Das gibt es in der Technologie häufig, dass aus einem Trend ein Hype wird, der dann wieder in sich zusammenfällt. Der darunter liegende Trend bleibt jedoch intakt. Wir sind aber noch weit davon entfernt, uns mit außerordentlichen Wachstumsraten zu bewegen. In zehn Jahren sieht das vielleicht anders aus. Dann kann es sein, dass wir alle auch unser virtuelles Leben pflegen.
Zehn Jahre sind in der IT-Technologie eine Ewigkeit. Die virtuelle Welt gibt es doch schon. Sind wir nicht längst mittendrin?
Kummer: Wir stehen noch ziemlich am Anfang. Und gut ist, wenn sich der Hype jetzt legt und die Aktien nach unten korrigieren. Für Anlegerinnen und Anleger ist das eine Möglichkeit, sich zu positionieren. Es wird neue Anbieter geben und Facebooks Metaverse muss nicht die beste Chance sein. Facebook hat zwei Milliarden Nutzer, das ist sein Vorteil. Für die Akzeptanz von Metaverse wird Nutzen und Spaß eine enorme Rolle spielen. Dafür braucht man guten Content. Nutzergenerierte Inhalte machen etwa Roblox oder Minecraft besonders interessant. Auch Musik und Videospiele fangen an zu verschmelzen, wie Travis Scotts Konzert in Fortnite gezeigt hat. Videospiele übernehmen zunehmend die Rolle der Sozialen Netzwerke, wo man Freunde trifft, auch ohne zu spielen. Die Grenzen zwischen einzelnen Contentformen wie Musik, Film, Animation und Videospiele werden mehr und mehr verschwinden.
Dorota Kummer
Was bedeutet das Metaverse für Anlegerinnen und Anleger: Wo lässt sich aus Ihrer Sicht partizipieren?
Heinze: Das Metaverse birgt jede Menge Chancen, aber wie immer am Anfang einer neuen Technologie werden die Risiken unterschätzt. Es mischt die Karten neu und es kommen neue Spieler an den Tisch: Snap und TikTok zum Beispiel. Starke Marktpositionen können durch eine neue Technologie oder auch einen neuen Wettbewerber angegriffen werden. Facebook beispielsweise als aktueller Marktführer im Web 2.0 sieht das Potenzial des Metaverse, investiert Milliarden und hat aber auch gleichzeitig damit sehr viel zu verlieren. Für Microsoft bestehen dagegen vornehmlich Chancen über die Themen Gaming, Content oder auch die Cloud-Infrastruktur als Rückgrat des Metaverse.
Welches sind die Hauptrisiken?
Heinze: Wir wissen einfach nicht, wer sich mit welcher Technologie durchsetzt. Was ist das Medium? Was die Hardware? Die Preise müssen deutlich sinken. Was werden die Kontrollbehörden sagen? Wie steht es um den Datenschutz? Das Ganze muss einfach zu handhaben sein. Es muss möglich sein, sich zwischen verschiedenen Meta-Universen hin und her zu bewegen. All das sind offene Fragen, von deren Antwort die Entwicklung entscheidend beeinflusst wird.
Kummer: Die virtuelle Identität birgt auch erhebliche Probleme bei der Datensicherheit. Wie können persönliche Daten geschützt werden? Und wie kann ich meine Gucci-Handtasche von der einen Welt in die andere befördern, ohne dass deren Wert verlorengeht, ohne dass die Daten verschwinden? Das ist wichtig!
Können Sie sich ganz privat vorstellen, ihr echtes Geld in eine virtuelle Welt zu investieren?
Kummer: Ich würde es versuchen, allerdings nur mit entsprechend kleinen Beträgen ausprobieren. Es macht Spaß, aber selbst zum Spekulieren ist es noch zu heikel. Die Volatilität ist riesig. Der Wert hängt entscheidend davon ab, wieviel Nutzer auf so einer Plattform sind. Kehren sie einer Plattform den Rücken, verliert alles seinen Wert.
Heinze: Offen gestanden: nein. Es gibt Menschen, die das machen, vornehmlich jüngere und die Gruppe wächst. Es ist ein Markt mit einer zunehmenden Nachfrage und damit steigenden Preisen. Ich sehe das aber noch als Nischenthema.
Gunnar Heinze
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