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KOMPETENZ

Industrie 4.0: Die vierte industrielle Revolution

Der Begriff „Industrie 4.0“ steht für die vierte Industrielle Revolution, eine neue Stufe der digitalisierten Produktion, bei der Maschinen und Menschen mit Informations- und Kommunikationstechnik- Systemen via Internet vernetzt werden.

Mai 2021

Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz, smarte Roboter und individuelle Produkte zu Preisen einer Massenproduktion sind Elemente dieses fundamentalen Umbruchs. Allein für die deutsche Industrie rechnen Unternehmen durch den Einzug der Digitalisierung in industrielle Fertigungsprozesse mit Produktivitätssteigerungen von 20 Prozent und mehr. Die Umsetzung der 4.0-Strategien wird zudem die Investitionen beflügeln. So rechnet zum Beispiel das Beratungsunternehmen PwC mit einem Investitionsvolumen in 4.0-Anwendungen in Höhe von 40 Milliarden Euro pro Jahr. Ob zur Produktivitätssteigerung, zur Verbesserung der Lebensqualität oder zur Ausführung von gefährlichen Tätigkeiten – es ist davon auszugehen, dass menschliche Arbeit zunehmend mit intelligenten Maschinen ergänzt wird.

Wesentlich ist daher die Identifizierung von Unternehmen, die deutlich von der Entwicklung der Industrie 4.0 profitieren. Diese finden sich in vielen Branchen wie Industrie, Automobil und Transportmittel, Informationstechnologie, Gesundheitswesen, Logistik, Dienstleistungen und Landwirtschaft.

Experteninterview mit Bernd Köcher, dem Fondsmanager von Industrie 4.0-Fonds


Herr Köcher, hinter dem Begriff Industrie 4.0 sammeln sich Unternehmen, deren Kundenbeziehung, Produktion und Verteilung von Waren durch Digitalisierung und Vernetzung vollkommen verändert wird. Nach welchen Regeln trennen Sie die Stars von morgen von den Verlierern des disruptiven Wandels?

Unser Schwerpunkt liegt vor allem auf den Unternehmen, die es den anderen ermöglichen, sich zu verändern. Es ist also nicht unbedingt der Vorreiter in der Industrie, den wir suchen – sondern der Spezialist, der ihm diesen Wandel ermöglicht.

Schließt das eine das andere aus?

Nein. Amazon ist ein Paradebeispiel. Das Unternehmen ist ein Pionier im e-Commerce, hat aber auch die passende Software und Datenbanken, Drohnen oder robotergestützte Lager. Das heißt: Knowhow gepaart mit Umsetzung. Um hier die wirklichen Siegertypen zu erkennen, ist es wichtig, ganz nah dran zu sein am Geschehen.

Auch persönlich?

Durchaus. Wir haben 47 Experten, die tief in den Branchen und Sektoren zu Hause sind. Und mir selbst hilft es beim Fondsmanagement natürlich, dass ich Sektorspezialist im Technologiebereich bin. Da treffe ich bei diesem Thema gute, alte Bekannte – aber auch ganz neue Player.

Und greifen zu für Deka-Industrie 4.0?

Disziplin ist da wichtig – und ein klares Konzept. Nicht zu vergessen auch Verkaufsdisziplin. Sie müssen sich eben auch rechtzeitig verabschieden von einem Papier, das die Anforderungen nicht mehr erfüllt.

Wie sieht die Mischung im Fonds dann aus?

Beim Mix haben wir drei Schwerpunkte. Erstens: Unternehmen aus den Bereichen Gesundheitswesen, Konsumentenanwendungen und Mobilität; zweitens: Industrie-Unternehmen; drittens: Firmen aus der Informationstechnologie. Darüber hinaus ist das Anlagethema Industrie 4.0 aber sektorenübergreifend und natürlich global. Mehr als fünf Prozent nimmt kein Einzeltitel ein.

Die USA haben aber sicher ein Übergewicht?

“Über”-Gewicht würde ich das nicht nennen. Angemessen passt besser. In den gegenwärtig 55 Firmen im Deka-Industrie-4.0-Fonds finden Sie aber auch Champions aus Schweden wie der Messtechnik- Konzern Hexagon, aus Israel mit Mobileye, einem Weltmarktführer für Unfallpräventionssysteme oder der Schweiz mit u-blox, der Halbleiterbausteine für Elektroniksysteme anbietet.

Ist das fundamentale Fondsmanagement der Deka ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in diesem rasanten Wandel?

Bestimmt. Natürlich sortieren Computerprogramme vor. Aber kurze Entwicklungszyklen in diesem Bereich machen es eben notwendig, selbst genau hinzuschauen. Dazu kommt, dass über viele potenzielle Top-Player oft noch gar nicht genug Zahlen vorhanden sind – etwa Börsenneulinge oder die Abspaltungen großer Konzerne in diesem Bereich. Darum gehen wir auf Messen wie die CES oder Hannover-Messe – treffen auf etablierte Unternehmen, sehen neue Konkurrenten. Das Gespür sagt mehr als eine Datenbank.

Herr Köcher, in der deutschen Autoindustrie wird der Wandel ja derzeit besonders intensiv verfolgt: Autonomes Fahren, Elektrifizierung, aber auch Fahrtenvermittler wie Uber verändern den Wettbewerb fundamental. Wo sehen Sie Unternehmen, die beim Prozess der Industrie 4.0 vorne liegen?

Da findet sich eine ganze Menge. Deshalb ist der Anteil deutscher Unternehmen deutlich höher als bei anderen globalen Fonds: Continental, Jungheinrich, ISRA Vision … oder Infineon. Hier zeigt sich die spezifische industrielle Stärke Deutschlands.

Die da wäre?

Nehmen Sie als Beispiel einmal Infineon: Die Elektrifizierung ist im Automobilsektor ein Megathema – da geht es um Sicherheit, Konnektivität, Fahrerassistenzsysteme sowie die Elektrifizierung des Antriebsstranges. Es gibt für einen Systemlieferanten dabei sowohl durch Gesetze und Vorschriften als auch wettbewerbsbedingt Rückenwind zum Einbau moderner Fahrerassistenzsysteme.

Und Infineon liefert die Herzen, mit denen diese Systeme schlagen?

Ja. Infineon baut neben Steuerchips für Verbrennungsmotoren auch Chips für Radar- und Kamerasysteme. Dazu noch Leistungshalbleiter, die den Energieverbrauch bei Servern und Netzteilen deutlich reduzieren und den Stromverbrauch bei Zügen, Motoren und Klimaanlagen optimieren. Davon profitiert der Endverbraucher durch mehr Sicherheit und Komfort - Infineon rechnen wir deswegen dem Segment Konsumanwendungen zu. Die Nachfrage nach Halbleitern aus diesem Bereich wird sich vervielfachen- selbst, wenn die Zahl der verkauften Autos gleich bliebe.

Weltweit vernetzte Endgeräte betreffen aber nicht nur die Autos.

Nein. Das ist ein genereller Mega-Trend: Heute sind 20 Milliarden Geräte über das Internet vernetzt. Bis 2030 werden es 500 Milliarden sein. Auf jeden Menschen würden dann rechnerisch etwa 60 vernetzte Objekte kommen.

Wie behalten Sie ganz persönlich ob der sehr schnellen Entwicklung für den Industrie-4.0- Fonds den Überblick – und das auch noch weltweit?

Neben der Datenanalyse vor allem durch meine eigene Präsenz auf Messen und Konferenzen. Grundsätzlich umfasst das Anlageuniversum nach der Vorsortierung mit datengestützten Systemen nach solchen Messgrößen wie Mindestkapitalisierung und Handelsvolumen rund 900 Unternehmen. Eine Watchlist von rund 290 Titeln schauen wir uns besonders intensiv an, durchleuchten ständig diese Unternehmen. Und wir besuchen ganz klassisch einen guten Teil von ihnen regelmäßig.

Noch einmal zum Stichwort USA: Laufen uns Europäern die Amerikaner mit ihrer Spezialität Datenbank-Management unaufhaltsam davon? Welche Chancen haben SAP oder das Here- Konsortium gegen Google, Facebook oder Apple?

Die Technologieführerschaft des Silicon Valley spiegelt sich in einem circa 50-prozentigen Anteil am Portfolio. Die genannten Firmen und Beispiele zeigen aber, dass die deutsche Industrie weiterhin große Anstrengungen unternehmen muss, um wieder mit den US-Firmen Schritt zu halten.

Ist das überhaupt aufzuholen?

Continental, Bosch, Mercedes, BMW stellen schon heute mehr Programmierer als klassische Ingenieure ein. Daran arbeiten die Top-Unternehmen auf dieser Seite des großen Teichs also intensiv. Amerikaner kommen eben häufig von der IT-Seite, Japaner und Europäer eher von industrieller. Und die US-Firmen setzen bei ihren Geschäftsmodellen auf die Daten selbst. So wird etwa ein Uber der größte Taxi-Betreiber der Welt – ohne eigene Fahrzeuge. Aber auch eine Deutsche Telekom macht im Cloud-Geschäft inzwischen gute Umsätze. Oder ein ganz anderes Beispiel: SAP hilft dem Maschinenbauer Kaeser beim Vermarkten von Luft.

Wie bitte?

Ja. Deren Maschinen komprimieren Luft – und anders als früher haben die inzwischen auch Produkte im Angebot, bei denen der Kunde nicht mehr die Maschinen, sondern eben nur noch Kubikmeter verdichtete Luft kauft. SAP hat dazu Mess- und Abrechnungssysteme entwickelt. Cloudbasiert und in Echtzeit werden die Kosten abgerechnet. Ein tolles Industrie-4.0-Produkt.

Japan punktet eher bei intelligenten Maschinen?

Maschinenbauer Fanuc ist beispielsweise ein starker japanischer Wert. Oder Harmonic Drive Systems; die sind Zulieferer für fast alle führenden Roboterproduzenten sowie Hersteller von hochpräzisen Servomotoren und Getriebeunterstützungen, insbesondere für die neue Generation von ultramobilen kooperativen Robotern.

Medizintechnik gehört auch zum Bereich Industrie 4.0?

Ganz klar. Ein Beispiel ist etwa Intuitive Surgical aus den USA. Deren Produkt Da Vinci war bereits im Juli 2000 das erste von der amerikanischen Gesundheitsbehörde zugelassene System für robotergestützte Operationen. Und bis heute hat das Unternehmen keine direkten Wettbewerber. Bis Dezember 2016 wurden 3.919 Da-Vinci-Systeme installiert. Allein 2016 wurden 753.000 Eingriffe durchgeführt. Das Unternehmen zeichnet sich aus durch stetig steigende, wiederkehrende Umsätze durch Dienstleistungen und den Verkauf von Einweginstrumenten. Solche Firmen suchen wir für den Fonds.

In Deutschland diskutieren wir auch über die Risiken des Siegeszugs von Vernetzung oder künstlicher Intelligenz. Stichworte Datenkrake und Jobverlust. Welche Chancen haben wir mit der Industrie 4.0?

Zunächst: Die Risiken kann man nicht wegdiskutieren. Aber die Automatisierung schafft ja auch viele Spielräume und Kreativität. Nehmen Sie das Beispiel Adidas. Da gibt es für Deutschland sogar wieder eine Reindustrialisierung. Der Turnschuh kommt wieder aus Deutschland – personalisiert und absolut individuell zeitnah vor Ort gefertigt. So lassen sich sogar bessere Preise erzielen und gute Fachkräfte halten. Vergessen wir nicht: Bisher war noch jede industrielle Revolution im Effekt eine Jobmaschine.

Gegenwärtig wird ja in vielen Ländern wieder über Abschottung der Grenzen, Protektion oder gar Handelskriege diskutiert. Könnte dies die industrielle Revolution 4.0 noch aufhalten?

Eher nicht. Das gerade genannte Beispiel für lokales Produzieren zeigt, dass der Mega-Trend sogar auf unterschiedlichste Politik passt. Und eine politisch erzwungene Reindustrialisierung kann letztlich sogar zu erhöhter Automatisierung führen – weil die Arbeitskosten in den USA oder Großbritannien natürlich höher liegen als in China oder Rumänien.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Köcher.

Bernd Köcher

Fondsmanager Deka-Industrie 4.0
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