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Viele Möglichkeiten, zuzugreifen.

Christoph Witzke ist Leiter CIO-Office und Fondsmanager bei der Deka. Der Investmentstratege gibt im Gespräch mit fondsmagazin seine Einschätzung zu den Perspektiven deutscher und amerikanischer Aktien, den derzeit interessantesten Assetklassen und den wichtigsten Zukunftstrends.

Februar 2024

Interview mit Deka-Fondsmanager Christoph Witzke


Herr Witzke, die deutsche Wirtschaft entwickelt sich schwach, die Weltwirtschaft ist robuster – was bedeutet das für die Aktienmärkte?

Der Dax läuft nicht schlechter als der breite Aktienmarkt Europas. Die Region ist insgesamt niedrig bewertet, was aber auch Gründe hat. Der Dax stand im Oktober sogar noch auf einem Bewertungsniveau wie vor der Corona-Pandemie. Alles in allem ist die Entwicklung der Aktienmärkte in Europa aber durchaus solide. Die Unternehmen profitieren von ihrer internationalen Aufstellung vor allem auch in Amerika – das spiegelt sich in den Kursen.

Also spricht vieles für Investitionen in den US-Aktienmarkt?

In den USA wird in diesem Jahr gewählt. Wahljahre sind gute Börsenjahre, weil politisch wenig verändert wird. Falls es wirtschaftliche Rückschläge gibt, ist die Politik in Form von Notenbank und Kongress mit Blick auf die Wahlen sofort bereit, einzuspringen.

Und was ist mit den US-Schulden? Da wird einem doch angst und bange. Spielt das gar keine Rolle?

Natürlich spielt das eine Rolle. Interessant wird sein, wie die großen Ratingagenturen die Qualität der USA als Schuldner bewerten. Bei einer Herabstufung wird die Refinanzierung sukzessive schwieriger. Alles ist eine Frage des Vertrauens. Solange die Investoren nicht damit rechnen, dass der Staat ausfällt, steigen eben nur die Refinanzierungskosten. Und da ist das Vertrauen in die USA ungebrochen.

Viele Unternehmen in Deutschland und Europa sind nicht nur in den USA, sondern vor allem auch in China sehr aktiv – die Wirtschaft im Reich der Mitte aber hat doch ihren Zenit überschritten, oder?

China hat noch immer vergleichsweise hohe Wachstumsraten. Zwar auf niedrigerem Niveau, aber eben höher als in den USA und Europa. Das langsamere Wachstum in China bedeutet nicht ansatzweise, dass die dortige Wirtschaftsentwicklung einer ausgeprägten Rezession gleichkommt. Das Wachstum schrumpft etwas, weil es seitens des Staates nicht mehr so befeuert wird. Die chinesische Führung hat ihren Fokus weg von der Wirtschafts- hin zur Sicherheitspolitik verlagert.

Christoph Witzke

Seit 2016 als Leiter des CIO-Office für die Entwicklung der Anlagestrategie und Asset Allokation für die fundamentalen Produktlinien sowie vermögensverwaltende Fonds mitverantwortlich.

Welche Anlageklassen sollten Anleger bevorzugen?

Sie haben im Moment die Qual der Wahl. Aktien bieten aber die größten Renditechancen, denn eine weltweite Rezession wird es nicht geben. Eine ausgeprägte Investoreneuphorie, die dann in Enttäuschung umschlagen könnte, gibt es auch nicht. Daher halten wir ein weiteres zweistelliges Wachstum an den Aktienmärkten für durchaus möglich. Bei Anleihen rechnen wir mit einer Rendite, die vor allem bei Unternehmensanleihen über der Inflation liegt. Aber auch die Anlageklasse an sich hat durch den Renditeanstieg ihre guten Diversifikationseigenschaften zurückgewonnen. Wir denken, dass insbesondere Hochzinsanleihen in diesem Jahr eine interessante Portfoliobeimischung sein können.

Stichwort Inflation – ist das nach wie vor ein Risiko?

Die Inflationsraten fallen weiter. Es besteht das Risiko, dass sie unter die Zielmarken fallen, die die Notenbanken ausgegeben haben. Inflation war gestern, Disinflation – also eine abnehmende Geschwindigkeit von Preissteigerungen – ist zunächst das Thema 2024.

Das bedeutet sinkende Zinsen?

Ja, wir erwarten, dass die Zinsen im zweiten Halbjahr sinken. Aber dennoch gilt: Die Rückkehr der Zinsen ist die bedeutendste Rahmenbedingung für das aktive Management langfristig ausgelegter Portfolios. Denn auch nach der erwarteten Trendumkehr ab Mitte des Jahres werden die Zinsen noch sehr lange im positiven Bereich bleiben.

Zurück zu Anlageklassen. Was halten Sie von Währungen?

Der Dollar bleibt ein sicherer Hafen. Er bietet die besten Diversifikationsmöglichkeiten.

Was denken Sie über Öl?

Der Ölpreis wird nicht abschmieren, die Weltwirtschaft läuft zu gut.

Was ist mit Gold?

Wir mischen es strukturell bei. Es hat einen spürbaren Einfluss. Dennoch sind wir bei Gold zuletzt von Übergewichten auf neutral gegangen.

Wie sehen Sie Kryptowährungen?

Wir beobachten das, aber wir halten keine Bestände. Wir investieren eher in die Profiteure, also beispielsweise in die Chiphersteller, deren Produkte gebraucht werden, um überhaupt Krypto-Coins zu erzeugen.

Chiphersteller haben sich im vergangenen Jahr gut entwickelt. Wie sieht es mit Nebenwerten aus? Dominieren die Big Techs auch 2024 oder richtet sich Ihr Fokus auch auf kleinere Werte?

Die Megatrends im Technologie- und KI-Segment halten natürlich an und werden die bekannten Wachstumsunternehmen unterstützen. Nebenwerte konnten in den vergangenen zwei Jahren im Umfeld steigender Renditen nicht mit der Performance von Large Caps mithalten. Mit dem Ende des Zinserhöhungszyklus der Notenbanken und den zuletzt deutlich gesunkenen Renditen scheint sich das Bild hier aber wieder zu verbessern. Aber auch das Bewertungsniveau spricht mittlerweile für ein Engagement in Small Caps. Wir haben das Segment zuletzt hochgestuft und sehen vor allem europäische Nebenwerte als attraktive Beimischungsidee.

Zum Schluss: Welche Zukunftstrends sehen Sie?

Wir sehen drei Trends: Technologie, Gesundheit und den gesellschaftlichen Wandel.

Was bedeutet das konkret?

Zu Technologie gehören für uns zum Beispiel all jene Unternehmen, die sich mit AI, mit autonomem Fahren oder Robotics beschäftigen. Bei Gesundheit rechnen wir damit, dass die großen Pharmaunternehmen 2024 auf Shoppingtour gehen könnten. Die kleineren Biotechfirmen liefen 2023 schlecht und könnten jetzt Übernahmekandidaten werden. Dazu kommen Trends wie die Spritze zum Abnehmen oder Entwicklungen, um den Alterungsprozess zu verlangsamen.

Und was verbirgt sich hinter gesellschaftlichem Wandel?

Da geht es insbesondere auch um erneuerbare Energien im Kontext der Nachhaltigkeit. Dieses Feld ist stark von politischen Entscheidungen geprägt. Das Streichen der E-Auto-Prämie, das in Deutschland ja quasi über Nacht geschah, ist dafür ein Beispiel.

Quelle: fondsmagazin

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