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Research und Märkte

Wachstumsdelle als Risikofaktor für die Märkte?

Nach der schnellen Erholung der Weltwirtschaft scheint sich das Wachstum im zweiten Halbjahr spürbar abzuschwächen. Lieferengpässe und eine erneute Corona-Welle belasten derzeit die Konjunktur. Ein Grund zur Sorge - oder setzt sich der Aufwärtstrend an den Märkten mit Blick auf 2022 ungehindert fort?

September 2021

Die Wachstumsrevisionen der Volkswirte haben lange Zeit nur eine Richtung gekannt. Dank massiver geld- und fiskalpolitischer Maßnahmen konnte sich die Konjunktur deutlich schneller erholen, als man dies am Jahresanfang zu prognostizieren wagte. Mittlerweile scheint jedoch der Hochpunkt erreicht und die jüngsten Schätzungen der Ökonomen sind leicht rückläufig. Trotz prall gefüllter Auftragsbücher leidet die Industrie derzeit unter enormen Lieferengpässen. Zusätzlich dämpft die weltweite Ausbreitung der Delta-Variante die Ausgaben des Konsumenten. Dies spiegelt sich zunehmend auch in den Stimmungsindikatoren der Wirtschaft wieder. Nachdem der US-Einkaufsmanagerindex im Frühjahr das höchste Niveau seit 1983 erreicht hatte, war die Entwicklung seither leicht rückläufig (siehe Hochpunkt in den Sentimentindikatoren bereits durchschritten). Und auch der ifo-Index ist mittlerweile den dritten Monat in Folge gefallen und deutet auf eine gewisse Konjunkturabkühlung hin. Der stärkste Rückgang in der Dynamik ist derzeit allerdings in China zu beobachten. Neben der drohenden Insolvenz des Immobilienentwicklers „Evergrande“, belasten regulatorische Maßnahmen der Regierung zunehmend die Stimmung in der Wirtschaft.

Hochpunkt in den Sentimentindikatoren bereits durchschritten.

Quellen: ISM (Institute for Supply Management), PMI (Purchasing Manager Index), Refinitiv, CIO-Office, Stand September 2021.

Stellt sich die Frage, wie die Märkte in der Vergangenheit auf einen Rückgang im Konjunkturoptimismus reagiert haben. Immerhin ist der DAX seit den Corona-Tiefständen um etwa 90% gestiegen. US-Aktien konnten sich im Wert sogar verdoppeln und damit den schnellsten Kursanstieg seit Ende der „Großen Depression“ in den 30er Jahren verbuchen.

Grundsätzlich ist ein relativ hoher Gleichlauf zwischen der Wertentwicklung an den Aktienmärkten und makroökonomischen Indikatoren, wie beispielsweise ifo- oder Einkaufsmanagerindex, zu beobachten (siehe Abbildung 2). Immerhin wird das Gewinnwachstum der Unternehmen maßgeblich von konjunkturellen Schwankungen beeinflusst, was sich auch im Kursverlauf entsprechend niederschlägt. Legt man die Entwicklung des S&P 500 der vergangenen 70 Jahre zugrunde, korrigieren US-Aktien im Durchschnitt etwa 11% nachdem der Konjunkturoptimismus seinen Hochpunkt erreicht hatte. Dies trifft auch auf die Jahre 1984, 1994, 2004, 2010 und 2011 zu, als ein neuer Wirtschaftsaufschwung gerade erst begonnen hatte.

Die Erklärung hierfür scheint auf den ersten Blick in der Reaktion der US-Notenbank begründet. Infolge gestiegener Inflationszahlen begann die Fed meist frühzeitig die Zinsen zu erhöhen und damit die Geldpolitik zu straffen. Nicht so jedoch im Nachgang zur globalen Finanzmarktkrise. Dennoch korrigierte der S&P 500 - trotz solider Wachstumsaussichten – im Jahr 2010 um 16% und 2011 um 18%. Eine temporäre Phase deutlicher Gewinnmitnahmen sollte daher auch aktuell nicht überraschen. Der letzte Kursrückgang in einer Größenordnung von etwa 10% liegt bereits 12 Monate zurück. Für einen stärkeren Einbruch an den Märkten müsste sich der Konjunkturoptimismus jedoch nachhaltig eintrüben. Die vollen Auftragsbücher der Unternehmen sowie das hohe Sparvolumen der Konsumenten stehen dem allerdings entgegen und lassen auch für das kommende Jahr ein hohes Wachstum erwarten. Korrekturen sollten daher weiter als Kaufgelegenheit verstanden werden, da mit einer Fortsetzung des Aufwärtstrends an den Aktienmärkten zu rechnen ist.

Wertentwicklung von US-Aktien und Konjunktursentiment.

Quellen: Refinitiv, CIO-Office, Stand September 2021

Autor: Markus Zipperer, CIO-Office der Deka