Abnahme

US-KONJUNKTURPAKETE

Gute Aussicht für die Weltwirtschaft.

5.900 Milliarden US-Dollar planen die USA in Konjunktur- und Infrastrukturprogramme zu investieren. So sollen die Folgen der Coronapandemie überwunden und die Vereinigten Staaten modernisiert werden. Davon profitieren auch Unternehmen in Europa und Asien. Mit den richtigen Fonds können Anleger am weltweiten Aufschwung teilhaben.

Es sind die massivsten Hilfsmaßnahmen in den USA, seit Präsident Franklin Delano Roosevelt im Jahr 1933 den New Deal schmiedete, um die USA aus der Großen Depression zu führen: Ein 1.900 Milliarden US-Dollar schweres Konjunkturpaket hat Joe Biden schon im März durch den Kongress gebracht. US-Bürger erhalten gerade einen Scheck über 1.400 US-Dollar, steuerfrei, verschickt vom Staat – mit nur einer Auflage: Sie sollen das Geld möglichst schnell ausgeben. Weitere 4.000 Milliarden US-Dollar sollen in den nächsten acht bis zehn Jahren für gigantische Infrastrukturprogramme hinzukommen. Zusammen sind das 5,9 Billionen US-Dollar. In Fünf-Dollar-Noten übereinandergelegt würde der Stapel knapp den Mount Everest überragen.

Das schon auf den Weg gebrachte Konjunkturpaket hilft US-Unternehmen und Privathaushalten die Coronarezession zu überwinden. Beim neuen Infrastrukturprogramm hegt Biden noch weit größere Pläne. Das Programm richtet die US-Wirtschaft komplett neu auf Nachhaltigkeit aus und will den Klimawandel bremsen. Strom soll nicht mehr durch Kohle-, sondern Solar-, Wasser- und Windkraftwerke generiert werden. Zudem gilt es, das gesamte Land mit Ladestationen für Elektromobile zu bestücken und Mobilfunknetze sowie Datenleitungen zu beschleunigen.

Und: Die maroden Straßen, Brücken und Schienenstränge sollen modernisiert werden. Weil seit zwei Dekaden beim Erhalt der Verkehrswege gespart wurde, ist jede zweite Straße in den USA mit Schlaglöchern gespickt. 230.000 Brücken haben ihre Lebensspanne erreicht oder überschritten, zahlreiche Gleise und Wasserwege sind nur eingeschränkt funktionsfähig. „Der Plan wird Millionen Jobs schaffen“, sagt Biden. Es sei das größte Arbeitsmarktprogramm seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Um den Fachkräftemangel zu beheben, will die Regierung kostenlose berufliche Bildungseinrichtungen bauen. Damit beide Eltern arbeiten können, werden für Kleinkinder Vorkindergärten geschaffen.

Gute Geschäfte auch für Europa.

Was auf den ersten Blick wie ein Booster für die US-Wirtschaft erscheint, ist mehr: „Die Maßnahmen stimulieren die gesamte Weltwirtschaft“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka. „Das Gesamtpaket ist ein globales Konjunkturprogramm, das in Coronazeiten auch Unternehmen in Europa und Asien helfen wird.“ Auch wenn Europa beim Impfen hinterherhinkt und der 750 Milliarden Euro schwere EU-Corona-Hilfsfonds noch auf Eis liegt – immerhin ist jetzt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht abgewiesen worden, die das europäische Hilfspaket stoppen wollte. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen in der EU an Bidens Infrastrukturprogramm partizipieren können, sagt Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der Deka.

Wie das gelingen kann, zeigt beispielhaft die vorgesehene Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur. 621 Milliarden US-Dollar sind dafür vorgesehen. Doch US-Zementproduzenten haben nur begrenzte Kapazitäten. Deshalb dürften wie bei US-Großprojekten in der Vergangenheit auch diesmal zahlreiche Aufträge an den Schweizer Lafarge-Holcim-Konzern, den größten Zementhersteller der Welt, gehen – und ebenso an die Nummer zwei: die deutsche HeidelbergCement.

Der Ausbau des Ladenetzes für Elektrofahrzeuge wiederum stärkt nicht nur den Absatz der US-Hersteller stromgetriebener Modelle. Auch asiatische und europäische Produzenten werden samt Zulieferern mit erhöhter Nachfrage rechnen können. Das kommt wie gerufen für die deutsche Automobilindustrie, die gerade mit Macht ihre E-Mobil-Produktpalette ausbaut. „Deutsche Hersteller von Elektromobilen werden vom Umbau der US-Wirtschaft auf Nachhaltigkeit profitieren“, sagt Kater.

Ebenfalls auf der Gewinnerliste sieht der Deka-Chefvolkswirt die US-amerikanischen und ausländischen Elektrokonzerne, Netzwerk- und Digitalisierungsspezialisten, Strom- und Wasserversorger, Hersteller von Solar- und Windkraftanlagen – und generell die Bauindustrie. Denn Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und öffentliche Gebäude sollen modernisiert und erweitert werden. „Indirekte Gewinner dürften auch die Banken sein“, sagt Kater. „Die Infrastrukturpakete werden zu einem leichten Zinsanstieg führen, der den Geldinstituten höhere Margen bei der Kreditvergabe bescheren wird.“

Wie schnell in den USA finanzielle Hilfspakete in die Realwirtschaft überschwappen, zeigt der noch unter Bidens Vorgänger auf den Weg gebrachte Response and Relief Act. Dieses Gesetz bescherte jedem US-Bürger mit einem Jahreseinkommen von weniger als 75.000 US-Dollar im Januar eine einmalige Zahlung von 600 US-Dollar von der Regierung. „Nach unseren Berechnungen dürften allein im Januar rund 350 Milliarden US-Dollar von diesem Fiskalschub in den privaten Konsum geflossen sein“, sagt Deka-Ökonom Rudolf Besch.

Großer Schub für den Konsum.

Der von der Biden-Regierung im März verabschiedete „American Rescue Plan Act of 2021” knüpfte genau dort an – unter anderem mit dem erwähnten 1.400-Dollar-Scheck. Auch mit diesem Konjunkturpaket wurden die Sozialsysteme zwischenfinanziert und der Konsum angekurbelt, der 60 Prozent des amerikanischen BIP generiert. Das Hilfspaket zeigte sofort Wirkung. Im März stieg die Zahl der US-Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft um 916.000 Menschen. Die Erwerbslosenquote sank von 6,2 auf 6,0 Prozent.

Zum Nulltarif gibt es die Hilfs- und Infrastrukturpakete jedoch nicht. Um sie zu finanzieren, plant die US-Regierung die erste große Steuererhöhung seit 30 Jahren. War die Unternehmenssteuer noch 2017 von 35 auf 21 Prozent gesenkt worden, soll sie in den kommenden Jahren sukzessive auf 28 Prozent heraufgesetzt werden. „Börsennotierte Konzerne müssen sich darauf einrichten, dass sie langfristig höhere Steuern zahlen werden“, sagt Schallmayer. Flankierend soll die Einkommenssteuer für US-Bürger mit mehr als 400.000 US-Dollar Jahreseinkommen angehoben werden. Das trifft allerdings nur 2 Prozent der Bevölkerung, sodass kein negativer Effekt auf den Konsum zu erwarten ist.

Um zu verhindern, dass Konzerne sich der Erhöhung der Unternehmenssteuer durch eine Verlagerung von Tochtergesellschaften ins Ausland entziehen, wirbt US-Finanzministerin Janet Yellen bei der G20-Gruppe – den 20 größten und wichtigsten Industrie- und Schwellenländern – für die Einführung eines globalen Mindeststeuersatzes für Unternehmen. Ziehen die anderen Staaten mit, könnte der seit gut 30 Jahren anhaltende Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze beendet werden. In diesen drei Dekaden haben zahlreiche Länder, darunter auch die USA, versucht, mit Steuersenkungen Unternehmen anzulocken.

Dieser Konkurrenzkampf müsse enden, weil alle beteiligten Staaten letztendlich Verlierer seien, wenn ihre Steuereinnahmen sinken, argumentiert Yellen, die von 2014 bis 2018 Präsidentin der US-Notenbank war: „Wir werden alle viel besser sein, wenn wir zusammenarbeiten und uns gegenseitig unterstützen.“

Von einem solchen globalen Mindeststeuersatz könnte auch der Unternehmensstandort Deutschland profitieren, sagt Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel: „Deutschland ist im internationalen Vergleich ein Hochsteuerland.“ Ein internationaler Mindeststeuersatz würde es für Unternehmen weniger attraktiv machen, „den Firmensitz oder gar die Produktion aus Deutschland ins Ausland zu verlegen“. Das würde langfristig die Kaufkraft hierzulande und damit Absatz und Gewinn der auf den deutschen Markt fokussierten Unternehmen erhöhen.

Nicht nur auf die USA setzen.

Auch das ist ein Beispiel dafür, wie die neue Wirtschafts- und Fiskalpolitik der USA die Konjunktur weltweit stärken kann. Um am globalen Aufschwung teilzuhaben und dabei mögliche Risiken zu begrenzen, sollten Anleger daher breit in Aktienfonds investieren und „neben US-Titeln auch europäische und asiatische Werte im Portfolio haben“, so Deka-Chefvolkswirt Kater. Anleger haben dabei die Wahl, ihr Kapital über mehrere Aktienfonds zu streuen, die sich jeweils auf eine der Weltregionen Asien, Europa und Nordamerika fokussieren. Sie können aber auch auf einen Fonds setzen, der in die aussichtsreichsten Unternehmen aus allen Teilen des Erdballs investiert.

Für eine breite Streuung spreche auch, dass US-Aktien an den Börsen schon höher bewertet sind als Titel aus anderen Teilen der Welt. „Dadurch haben US-Werte ein höheres Rückschlagspotenzial“, erklärt Kater. Allerdings wird die Konjunkturerholung in den Vereinigten Staaten massiv durch die US-Notenbank gestützt. „Die Federal Reserve Bank hat klar signalisiert, dass sie bis 2023 keine Leitzinserhöhungen vornehmen wird, selbst wenn die Inflationsrate vorübergehend über die Marke von 2 Prozent steigt“, sagt DekaBank-Stratege Schallmayer. „In den nächsten zwei Jahren dürfte so keine restriktivere Geldpolitik der Notenbank die Wirtschaftserholung in den USA beeinträchtigen – ebenso wenig die Umsatz- und Gewinnentwicklung der dort aktiven Unternehmen aus Asien, Europa und den Vereinigten Staaten selbst.“ Dennoch dürften Spekulationen über Leitzinsanhebungen immer wieder „auf der Aktienkursentwicklung lasten“, so Schallmayer. „Kursschwankungen werden weiterhin zum Börsenalltag gehören.“

Quelle: fondsmagazin.de