Abnahme

Bestehende Anlagetrends geraten nicht ins Wanken

Stabilitätsmechanismen wirken dem Corona-Einbruch am Kapitalmarkt wirkungsvoll entgegen.

November 2020

Die zweite Welle der Corona-Infektionen hat Europa fest im Griff und auch in den USA, welche sich nie aus der ersten Welle befreien konnte, steigt die Anzahl der Neuinfektionen wieder spürbar an. In Reaktion darauf sind bereits neue Einschränkungsmaßnahmen umgesetzt und eine stufenweise Verschärfung oder Verlängerung von Anordnungen scheint angesichts der Auslastung in den Gesundheitssystemen in einzelnen Regionen unausweichlich. Dass die wirtschaftliche Erholungsbewegung vom Einbruch im März und April nicht ohne Rückschläge vonstattengehen wird, war abzusehen. Die aktuelle Situation geht über das Erwartete allerdings etwas hinaus. Dementsprechend dürften die Ausblicke auf die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal und auch für das erste Quartal des kommenden Jahres nach unten revidiert werden. Auch die Verunsicherung über den zu erwartenden Wirtschaftsverlauf steigt spürbar an, was sich seit Ende Oktober ebenfalls in den Kursen der Aktienmärkte wieder ablesen lässt.

Ein Anstieg in der Verunsicherung der Marktteilnehmer ist nachvollziehbar. Gerade in einer solchen Situation ist es aber extrem wichtig, die allgemeinen und längerfristig wirkenden Rahmenbedingungen nicht aus den Augen zu verlieren und vor allem auch aus den Reaktionsmustern im Frühjahr zu lernen. Denn der Absturz der Wirtschaft im März und April war weniger stark ausgeprägt als befürchtet und die sich daran anschließende Erholung ist dynamischer als erwartet verlaufen. Gleiches gilt für die Kapitalmärkte, die nach dem massiven Einbruch dann genauso schnell wieder in den Erholungsmodus geschaltet haben.

Aktuell verhalten sich die asiatischen Märkte stabil, was angesichts der dortigen Infektionsentwicklungen und auch der Daten zur wirtschaftlichen Aktivität absolut nachvollziehbar ist. Dagegen signalisieren die Kapitalmärkte in anderen Regionen, vor allem in Europa, eine erhöhte Vorsicht. Es wird eine höhere Risikoprämie eingepreist, einen Rückschlag wie im Frühjahr signalisieren die Kurse aber nicht und dieser wird von uns auch nicht erwartet. Zum einen sind die Einschränkungsmaßnahmen nicht so weitgehend wie im Frühjahr. Die Lockdowns werden zielgerichteter eingesetzt und sind für das verarbeitende Gewerbe und den Warenverkehr weniger schädlich. Zudem erholen sich Teile der Weltwirtschaft außerhalb Europas dynamisch, was auch auf die hier beheimateten Unternehmen positiv ausstrahlen sollte. Zum anderen werden die betroffenen Unternehmen für den verursachten Ausfall so gut es geht entschädigt. Diese fiskalische Komponente hat im ersten Lockdown den wirtschaftlichen Rückgang deutlich abgefedert und wird dies auch jetzt wieder tun.
Für die Kapitalmärkte wirkt neben der Fiskalpolitik auch die Geldpolitik weiter unterstützend. So wie durch die Finanzmarktkrise im Jahr 2008 / 2009 für die Geldpolitik ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde, wird aktuell durch die Corona-Krise für die Geld- und Fiskalpolitik ein neues Kapitel aufgeschlagen. Wir stehen diesbezüglich erst am Anfang der verzahnten Wirkungsweise. Eine schnelle Richtungsumkehr ist auf jeden Fall nicht zu erwarten. Bei allen durch die Corona-Pandemie ausgelösten Unsicherheiten bedeutet dies für Anleger eine Zementierung der bestehenden Anlagetrends, die Übernahme von Risiko wird sich weiterhin auszahlen, Anleihe- und Aktienmärkte bleiben gut unterstützt.

Joachim Schallmayer