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„Wir denken die Regulatorik mit“

Susanne Hellmann hat während ihrer Karriere viel erlebt. Bei der Deka leitet sie seit Oktober 2018 die Abteilung für externe institutionelle Investoren. Im Gespräch mit dpn-Redakteur Patrick Daum erläutert sie die Besonderheiten eines öffentlich-rechtlichen Hauses bei der Kundengewinnung, die Rolle kultureller Bedingungen in regulatorischen Fragen und die Antwort auf die Frage, warum es nicht immer darum geht, das letzte Zehntel Rendite herauszuholen.

Lesen Sie hier das vollständige Interview aus der März-Ausgabe des dpn-Magazins.

Februar 2024

Interview mit Susanne Hellmann, Leiterin Vertrieb Institutionelle Anleger bei der Deka.


Frau Hellmann, Sie sind Leiterin der Abteilung institutionelle Kunden bei der Deka. Welche Kunden betreuen Sie?

Als öffentlich-rechtliches Haus haben wir eine sehr starke Kundenbeziehung. Das gilt für die Sparkassenseite, aber auch für die Zielgruppe, die von meiner Seite betreut wird, gleichermaßen. Wir unterteilen den institutionellen Bereich in das Depot-A-Geschäft der Sparkassen und in das Geschäft mit den institutionellen Kunden außerhalb des Sparkassensektors. Dazu gehören die großen Kapitalsammelstellen, Versicherungen, Stiftungen, Family Offices, öffentlich-rechtliche Anleger, Kommunen, aber auch Unternehmen – alle institutionellen Zielgruppen, die am deutschen Markt tätig sind. Das ist der Bereich, den ich leite.

Was genau ist Ihre Aufgabe?

In meiner Verantwortung liegt die vertriebliche Steuerung. Wir wollen unsere Kunden bedürfnisgerecht betreuen und die gesamte Regulatorik, die hinter jeder einzelnen Zielkundengruppe steht, mit adäquaten Lösungsansätzen abbilden können. Die Regulatorik bei einem Corporate ist eine andere als bei einer Versicherung, einer Stiftung oder einer Kommune. Deshalb sind unsere Kundenbetreuer entsprechend ihrer Expertise auf die unterschiedlichen Kundengruppen aufgeteilt. Sie haben das Know-how in Fragestellungen rund um die Regulatorik und im Asset Management, um passgerechte und zeitgemäße Lösungswege aufzuzeigen. Meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen Anlagestrategien zu entwickeln und zu entscheiden, wo wir mit welchen Maßnahmen den Anlagefokus setzen.

Auch unseren Marktauftritt und Vermarktungsakzente spielen eine wichtige Rolle, die wir in Zusammenarbeit mit unserem Marketing gestalten. Darüber hinaus ist mir Personalführung sehr wichtig. Mein Vertriebsteam besteht aus 36 Personen und wir überlegen gemeinsam, wie wir uns heute und für die Zukunft aufstellen. Fachkräftemangel, Arbeitsmarktentwicklung und Mitarbeitenden eine Perspektive geben sind für mich Themenbereiche, die mich sehr stark beschäftigen.

Susanne Hellmann

Leiterin Vertrieb Institutionelle Anleger, Deka

Wie viele institutionelle Mandate haben Sie?

Wir arbeiten mit allen Zielkundengruppen. Sie variieren bezüglich ihrer Kundenstärke. Aufgrund unseres Produktangebots und unserer Positionierung sind wir im Markt ein sehr starker Partner insbesondere im öffentlich-rechtlichen Bereich. Hier kommt uns unsere eigene DNA zugute, weil wir die Anforderungen, die an öffentlich-rechtliche Institute gestellt werden, oftmals selbst in der einen oder anderen Form erfüllen müssen. Insofern können wir die Vorstellung unserer Kunden recht schnell erkennen und sehr gut abbilden. Wir kennen die hiesige Kultur und haben eine gute Vorstellung, worauf unsere Kunden bei der Vermögensallokation Wert legen. Wir sind auch im gesamten VAG-Geschäft sehr gut aufgestellt, weil wir große öffentlich-rechtliche Versicherer als Kunden haben. Allerdings ist der Markt für institutionelle Kunden im Gegensatz zum Privatkundenmarkt kleiner. Es gibt 300 bis 400 Adressen. Der Vorteil ist, dass wir alle kennen und mit mehr als 60 Prozent intensiv zusammenarbeiten. Jeder Kunde hat individuelle Ansprüche, diesen können wir in den meisten Fällen auch gerecht werden. Als europäisches Haus stoßen wir außerhalb Europas allerdings an Grenzen, die wir mit passiven Produkten stellenweise punktuell ausgleichen können. Für einen Kunden, der ein asiatisches Mandat sucht, wären wir daher nicht der optimale Partner.

Was haben Sie vor Ihrer Zeit bei der Deka gemacht?

Meine Karriere habe ich mit einer Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Deutschen Bank in Heidelberg begonnen. Ich entdeckte recht schnell meine Affinität für das Wertpapiergeschäft und hatte das Glück, dass es bei der Deutschen Bank in Mannheim einen großen Rentenhandel gab. Da ich aus der Region komme, konnte ich in dieses sehr börsennahe Umfeld reinrutschen. Dadurch bin ich relativ schnell in eine Fördergruppe der Deutschen Bank gekommen, in der junge Leute für das Wertpapiergeschäft ausgebildet wurden. Da lernte ich das Retail-Geschäft. Nach knapp zehn Jahren bei der Deutschen Bank habe ich einen Abstecher in den Optionsscheinhandel der Citibank Group gemacht.

Das war zu der Zeit, als Optionsscheine in Deutschland in Mode kamen. Bei Citi habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie man Produkte erstellt und strukturiert. Zudem konnte ich die US-amerikanische Mentalität kennenlernen. Aber ich habe recht bald gemerkt, dass der Handel nicht meine Profession ist. Als kommunikativer Mensch mag ich Menschen. Das kommt im Handel zu kurz. Insofern entschied ich mich, zurück in meine Heimatregion nach Heidelberg zu MLP zu gehen. MLP hat damals damit begonnen, neben dem Versicherungsgeschäft auch eine Asset-Management-Einheit aufzubauen. Gemeinsam mit dem damaligen Vorstand habe ich das Wertpapiergeschäft für MLP aufgebaut. Eine spannende Zeit, in der wir mit fast allen Fondsgesellschaften am Markt zusammengearbeitet haben. Asset Manager hatten Interesse an MLP, weil es ein wachsendes mittelständisches Unternehmen mit großen Vertriebsstrukturen ist. So bin ich, wenn man so will, in die Fondsbranche hineingewachsen, war auf einmal auf der Seite der institutionellen Kunden und habe die strategische Herangehensweise im Asset Management gelernt. Anschließend wechselte ich zur ING nach Frankfurt, um eine Niederlassung für das Asset Management für institutionelle Kunden aufzubauen. Nach dieser insgesamt elfjährigen Tätigkeit als Geschäftsführerin wechselte ich vor etwas mehr als fünf Jahren zur Deka.

Wer sind Ihre Kunden?

Besonders gut aufgehoben fühlen sich öffentlich-rechtliche Institutionen. Die neigen bei ihrer Investitionsentscheidung ähnlich wie wir eher dazu, das Risiko gering zu halten, und legen viel Wert auf Stabilität und einen kontinuierlichen Ertrag. Unabhängig davon spielen kulturelle Bedingungen eine wichtige Rolle. Dies spiegelt sich auch in der Regulatorik wider, denn rechtliche Rahmenbedingungen spielen für institutionelle Investoren von jeher eine große Rolle. Für einen angelsächsischen Portfoliomanager ist es schwieriger, einem hier ansässigen Kunden deutsche Regulatorik zu erklären. Da sind wir deutlich näher dran, was viele unserer Kunden als Wettbewerbsvorteil wahrnehmen. Anleger aus dem kirchlichen Sektor haben ebenfalls eine sehr große Affinität zu uns. Auch Stiftungen, die die Solidität der Deka zu schätzen wissen, suchen bei Fragen, die über die reine Vermögensallokation hinausgehen, gerne unseren Rat.

Neben den vielen großen Stiftungen gibt es auch zahlreiche kleinere, die nicht unbedingt in den Großstädten sitzen, sondern ländlich angesiedelt sind. Die kennen die Sparkasse vor Ort. Als 100-prozentige Tochter der Sparkassen ist das eine Brücke, die uns den Eintritt leichter macht. Natürlich muss am Ende auch die Performance stimmen. Grundvertrauen beim Kunden ist die Basis guter Zusammenarbeit, dann muss ein verlässlicher Track Record erarbeitet werden. Dabei geht es nicht immer darum, noch das letzte Zehntel in der Rendite herauszuholen. Das Gesamtpaket muss einfach stimmen: die Serviceleistungen, ein für den Kunden verständliches Reporting, das zeitnah geliefert wird, und Zahlen, auf die er sich verlassen kann. Auch Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen haben ein Anspruchsdenken, das zu unseren Leistungen passt. Bei ihnen sind die regulatorischen Feinheiten wieder andere.

Gibt es Trends in der Kapitalanlage, die Sie bei Ihren Kunden für 2024 erkennen?

Die Zinsrückkehr erweitert das Anlageuniversum deutlich und man kann wieder auf der Rentenseite ertragreich investieren. Der Trend geht dabei sehr stark zu Unternehmensanleihen. Diejenigen, die es sich regulatorisch erlauben können, nutzen momentan auch gerne den Bereich etwas unterhalb von Investment Grade, die meisten bleiben aber in der Top-Bonität. Denn auch dort gibt es teilweise wieder attraktive Verzinsungen. Auch Aktien bleiben ein interessantes Anlageuniversum, nicht zuletzt dank der erwarteten hohen Dividendenausschüttungen in diesem Jahr. Allerdings sind die meisten institutionellen Anleger regulatorisch sehr eingeschränkt, so dass sie nur einen geringen Anteil in Aktien investieren dürfen. Aber einige haben noch Spielraum, da sie in den vergangenen Jahren eher im Bereich der Alternatives unterwegs waren als im Aktiensegment.

Daher kann es sein, dass Aktienportfolios noch Puffer haben, um aufgestockt zu werden. Hier sind interessante Beimischungen möglich. Insgesamt investieren Kunden eher passiv. Denn in diesen Strukturen sind sie schneller in der Lage umzuschichten, als dies beispielsweise bei einem aktiv gemanagten Spezialfonds der Fall wäre. In einem Alpha-getriebenen Aktienportfolio, in dem mit individuellen Anlagerichtlinien ein ganz bestimmter Typ von Aktieninvestments abgedeckt wird, entscheidet oft ein Investment-Komitee, das quartalsweise zusammenkommt. Kunden, die längerfristig in Alpha-getriebenen Strategien engagiert sind, nutzen insofern passive Produkte gerne taktisch, um noch etwas beizumischen oder kleinere Positionen eines bestimmten Marktes aufzubauen.

Stichwort Alternatives: Welche Relevanz hat das Segment nach der Rückkehr der Zinsen und der liquiden Asset-Klassen noch?

Alternatives sind entsprechend ihrer Natur Assets mit einem sehr langen Anlagehorizont. Immobilien oder Infrastrukturprojekte sind keine Investments für zwei oder drei Jahre. Bei Investoren, die in diese Produkte investieren können und dürfen, sind sie in den Portfolios regelmäßig enthalten. Große Gewichtsveränderungen in die eine oder andere Richtung erwarten wir nicht. Alternatives haben vielmehr einen Basisbestand in den Portfolios und werden liegengelassen. Abgeschlossene Commitments werden aller Voraussicht nach weiter bedient, da fließt sukzessive Kapital hinein. Bei Immobilien sehen wir angesichts der aktuellen Lage eher ein Festhalten als einen Aufbau von Beständen. Wer Immobilien hat, lässt sie im Portfolio liegen. Verkäufe zugunsten anderer Asset-Klassen sehen wir aktuell nicht. Aber andererseits halten die Kunden auch keine Liquidität zurück, um massiv die Quoten in den Portfolios aufzustocken.

Wie werden institutionelle Investoren bei der Deka beraten?

Ganzheitlich. Wir bieten nicht nur einzelne Asset-Klassen und Strategien an, sondern auch eine strategische Beratung. Ein Beratungsweg verläuft mit Hilfe eines von uns entwickelten Tools, des Deka-StrategyNavigators. Damit können wir anhand der aktuellen Marktsituation, der Vorgaben des Kunden, der Regulatorik, aber auch der Liability-Verpflichtungen auf Kundenseite ein Portfolio individualisiert auf die Ansprüche des Kunden strukturieren. Der Kunde sagt uns, welches Ziel er hat und mit welchem Risikoprofil, welcher Renditeerwartung, welchen Verpflichtungen er dieses Ziel erreichen will. Mit diesen Informationen füttern wir das Tool, in dem neben volkswirtschaftlichen Basisdaten auch Korrelationen, wie Asset-Klassen voneinander abhängen, was passiert, wenn sich Zinsen verändern oder ein Markt kollabiert, enthalten sind. Dann wird ein Gesamtportfolio errechnet, das wir mit dem Kunden besprechen und in dem wir die ihm wichtigen Parameter anpassen.

Wir beraten den Kunden ganzheitlich, und er kann entscheiden, was er machen möchte. Als Vollsortimenter können wir alles anbieten. Entscheidend bei der Beratung ist – und das schätzen die Kunden auch sehr –, dass die Regulatorik direkt mitgedacht wird und insofern enthalten ist. Die schönste strategische Asset Allocation bringt nichts, wenn BaFin oder Versicherungsaufsicht ihr Veto einlegen.

Gestatten Sie uns zum Schluss noch einen Blick in Ihr privates Depot. Wie legt eine Susanne Hellmann ihr Kapital an?

Eine Susanne Hellmann legt an wie viele andere Privatanleger auch: möglichst breit gestreut. Aus meiner Sicht muss jede Core-Asset-Klasse in einem Portfolio enthalten sein – sowohl auf der Renten- als auch auf der Aktienseite. Wenn man ein paar Jahre am Markt war, dann weiß man, dass man selten schlauer ist als der Markt und es selten besser machen kann als alle anderen. Ich habe keine Investments in Alternatives und meine Erfahrungen mit Optionsscheinen liegen in der Vergangenheit. Insofern ist mein Portfolio ganz klassisch und breit aufgestellt, mit einem kleinen Übergewicht bei Aktien. Ich bin davon überzeugt, dass sich Aktieninvestments langfristig auszahlen. Dabei gebe ich Indizes eher den Vorzug als Einzelwerten, gerne auch über ETFs von der Deka.

Quelle: dpn Magazin Februar | März 2024, Das Interview führte Patrick Daum

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