Abnahme

Im Tal der Zinsen

Unternehmensanleihen werden zum „New Normal“.

An Unternehmensanleihen führt kaum noch ein Weg vorbei. Ein Selbstläufer sind Renditen bei den Corporate Bonds jedoch nicht. Mehr denn je kommt es auf die Einzeltitel-Auswahl an.

Mai 2019

Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen ist im März 2019 erstmals seit Oktober 2016 wieder unter die Nulllinie gefallen. Auch in der Peripherie des Euroraums sieht es nicht viel besser aus. Portugiesische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit beispielsweise bringen nur noch etwas mehr als ein Prozent, vor neun Jahren waren es gut zehnmal so viel. Und Besserung ist nicht in Sicht. Schließlich hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre erste Zinsanhebung seit Juli 2011 bis ins Jahr 2020 vertagt. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass laut der aktuellen Spezialfondsmarktstudie des Marktforschungsinstitutes Telos der Anteil der Spezialfonds-Assets in Staatsanleihen von 2017 auf 2018 um fast 13 Prozentpunkte (von 42,9 Prozent auf 30 Prozent) zurückgegangen ist.

Stetig steigende Nettomittelzuflüsse in Unternehmensanleihen.

Auf der Suche nach Renditen in diesem herausfordernden Umfeld steigt die Attraktivität von Unternehmensanleihen für Investoren. „Der Anlagenotstand ist angesichts der niedrigen Kernrenditen aktuell hoch, und auch in der Zukunft erwarten die institutionellen Investoren keine grundlegende Verbesserung der Situation“, sagt Felix Hofmann, Leiter des Teams für Unternehmensanleihen bei der Deka. Darüber hinaus habe es den Anschein, dass sich Großanleger mittlerweile zunehmend wohler bei Unternehmensanleihe-Mandaten fühlten. Hofmann weist in diesem Zusammenhang auf eine weitere Tendenz unter den institutionellen Investoren hin: Angesichts der negativen Verzinsung so genannter risikofreier Anlagen sei auch der Bereich „Geldmarkt plus“ durch eine Positionierung am kurzen Ende Bestandteil des Universums der Unternehmensanleihen geworden.

Vor diesen Hintergründen sind zuletzt nicht nur die institutionellen Nettomittelzuflüsse in die Unternehmensanleihen- Produkte der Deka stetig gestiegen, sondern auch die Zahl der Mandatsanfragen sowohl aus dem Sparkassen- als auch aus dem Versorgungskassen-Lager hat sich kräftig erhöht. Hofmanns Team aus zwölf Analysten, die in Personalunion auch Portfoliomanager sind, verwaltet derzeit rund 18 Milliarden Euro in Spezial- und Publikumsfonds. Rund ein Viertel dieser Mittel entfällt auf Hochzins-Anleihen. Die Mandate und Publikumsfonds lauten dabei fast ausnahmslos in Euro.

Unternehmensanleihen profitieren vom „Jo-Jo-Effekt.“

Nach der Verkaufswelle im Schlussquartal Ende 2018 setzte eine massive Einengung der Spreads ein. Dazu trug maßgeblich die US-Notenbank bei, die eine veritable Kehrtwende vollzog. Derzeit sieht es so aus, als würde die Federal Reserve ihre Geldpolitik im laufenden Jahr nicht weiter straffen. Und auch die Bilanzverkürzung soll Ende September eingestellt werden. Daneben wirkte sich auch die „Jo-Jo-Eigenschaft“ des Markts für Unternehmensanleihen positiv aus. Denn im Unterschied zu Aktien haben Anleihen eine begrenzte Laufzeit. Diese sorgt für den so genannten Pull-to-Par-Effekt, bei dem sich der Kurs eines Schuldtitels mit der näher rückenden Fälligkeit immer weiter auf den Nennwert zubewegt. Daher erholen sich Anleihen zumeist schneller von Rückschlägen als andere Vermögenswerte. Dies zeigt auch der Blick auf die Historie: In den vergangenen 15 Jahren gab es bei Euro-Investment-Grade-Schuldtiteln nie zwei Verlustjahre in Folge, bei Euro-Hochzins-Anleihen war dies nur einmal der Fall.

Genau hinschauen bei Unternehmensanleihen.

Mit dem Ausstieg der EZB aus den Netto-Neukäufen sollte die Einzeltitelselektion jetzt wieder wesentlich wichtiger werden als in der Vergangenheit, als deutlich weniger zwischen guten und schlechten Emittenten unterschieden wurde, wodurch die Spread-Differenzen zurückgingen.

Weltweit steigende Zahl von Emittenten erleichtert Risikodiversifzierung.

Der Fokus im Anlageuniversum des Deka-Teams für Unternehmensanleihen liegt auf in Euro denominierten Schuldtiteln. Deren Emittenten müssen freilich nicht unbedingt aus dem gemeinsamen Währungsgebiet kommen. „Das ist sehr wichtig, denn die Ertragsmöglichkeiten im Euroraum sind bescheiden“, unterstreicht Hofmann. Die Zahl der Unternehmen weltweit, die Euro-Anleihen emittieren, steigt stetig und stark. Dabei handelt es sich vor allem um Gesellschaften aus den USA. Dank dieser Emittenten lassen sich Risiken diversifizieren, durch die breite Aufstellung der Portfolien lassen sich so auch Übergewichtungen von Problemregionen reduzieren. Auch die eine oder andere Fremdwährungs-Anleihe – ausgestellt etwa in Dollar, Schweizer Franken, Pfund Sterling oder Schwedischen Kronen – findet sich in den Mandaten und Publikumsfonds, die Hofmann und sein Team steuern. „Wenn ein europäisches Unternehmen Geschäft in den USA macht und daher auch Finanzierungsbedarf in Dollar hat, schauen wir uns die Bewertungsunterschiede der jeweiligen Anleihen an und investieren auch in den Fremdwährungs-Schuldtitel, wenn wir nach Hedge noch eine positive Zusatzrendite erzielen können“, sagt Hofmann.

Mit dem EZB-Rückzug feiert die Einzeltitelauswahl ihr Comeback.

Im Euroraum, also dort, wo der Anlageschwerpunkt des Deka-Teams für Unternehmensanleihen liegt, zeichnet sich freilich so etwas wie eine Zeitenwende ab. Denn die EZB ist Ende 2018 aus den Netto-Neukäufen von Schuldtiteln ausgestiegen. „In den vergangenen zwei oder drei Jahren war die Einzeltitelauswahl aufgrund der extrem expansiven Geldpolitik der EZB bei weitem nicht mehr so wichtig wie zuvor. Die Käufe der Notenbank haben dazu geführt, dass viel weniger zwischen guten und schlechten Emittenten unterschieden wurde, wodurch die Spread-Differenzen zurückgingen.

Mit dem Ausstieg der EZB aus den Netto-Neukäufen sollte die Einzeltitelselektion jetzt wieder wesentlich wichtiger werden“, sagt Marcel Haßelmann, stellvertretender Leiter des Teams für Unternehmensanleihen bei der Deka. Für dieses Szenario ist das Team, das eine Vielzahl von Finanzkennzahlen auf fundamentaler Basis analysiert und im Jahr mehrere hundert Unternehmen trifft, bestens aufgestellt.

„Problemzonen“ auf dem Bau und im britischen Einzelhandel.

Grundsätzlich sind die Finanzkennzahlen der Unternehmen vor allem im Investment-Grade-Universum nach Einschätzung der Deka trotz der Verkaufswelle gegen Ende des vergangenen Jahres unverändert solide. Auch ein starker Anstieg der Ausfallrate, die laut der Rating-Agentur Moody’s im vergangenen Jahr im Schnitt bei gut einem Prozent über das gesamte Spektrum der Unternehmensanleihen hinweg lag, wird nicht erwartet. „Allerdings haben die Rating-Agenturen zuletzt den Ausblick für einige der zyklischen Branchen auf negativ gesenkt“, sagt Haßelmann. So ist unverkennbar, dass die deutsche Automobilindustrie mit zahlreichen strukturellen Problemen kämpft und vor einem grundlegenden Wandel steht. „Trotzdem agieren wir auch in solchen Branchen immer wieder taktisch, wenn wir glauben, dass die Risikoprämie ein überverkauftes Niveau erreicht hat. Dann greifen wir zu, auch wenn wir den Emittenten fundamental weniger mögen. Das war beispielsweise im Januar und im Februar der Fall, als wir bei Automobiltiteln wieder etwas stärker engagiert waren“, sagt Haßelmann. 

Mit Blick auf die Hochzins-Anleihen macht sein Kollege Hofmann die „Problemzonen“ vor allem in der Bauindustrie und im Einzelhandel aus, wo es auch zu Ausfällen gekommen sei. So sind europäische Baufirmen oft im wettbewerbsintensiven internationalen Infrastrukturgeschäft engagiert. „Und diese Emittenten haben dann beispielsweise Projekte in Ländern wie Venezuela, deren Währungen unter hohen Druck kommen können“, sagt Hofmann. Häufig hätten die Unternehmen dieses Risiko durch unvorhergesehene Ereignisse nicht hinreichend abgesichert. Unter den Einzelhändlern seien in erster Linie Unternehmen aus Großbritannien anfällig. „Viele klassische High-Street-Modeunternehmen leiden unter der strukturellen Veränderung, die die Online-Plattformen mit sich gebracht haben. Zudem hat der Wertverfall des Pfund Sterling gegenüber dem Dollar den Einkauf fertiger Produkte in Asien verteuert. Auch dieses Risiko haben viele Unternehmen nicht im nötigen Umfang abgesichert“, so Hofmann. Eine Branchenmeinung sei daher zwar wichtig, die fundamentale Einzeltitelanalyse jedoch von noch größerer Bedeutung.

  • Unternehmensanleihen.

    Vor allem US-amerikanische Gesellschaften emittieren zunehmend in Euro denominierte Anleihen.

  • Fremdwährungsanleihen.

    Fremdwährungsanleihen, etwa in US-Dollar, Schweizer Franken, Pfund Sterling oder Schwedischen Kronen, können ebenfalls positive Zusatzrenditen ermöglichen.

Keine Bauchschmerzen, auch tief in die Kapitalstruktur zu gehen.

Daneben lassen sich mit detaillierter Kenntnis der Marktmechanismen zusätzliche Erträge erwirtschaften. Kündigt beispielsweise ein Unternehmen eine große Emission mit mehreren Tranchen an, werden am Sekundärmarkt häufig die Schuldtitel des gleichen Emittenten verkauft. „Ist das Marktumfeld insgesamt positiv, sind diese Verluste aber wahrscheinlich nur vorübergehender Natur, so dass sich die Papiere günstiger am Sekundärmarkt einkaufen lassen“, sagt Hofmann. Eine weitere Möglichkeit für Zusatzerträge bietet die Analyse der Kapitalstruktur eines Unternehmens. Bei unterschiedlicher Seniorität von Emissionen, wie sie von Hybriden und Anleihen aus dem Finanzsektor bekannt ist, stellt die Identifikation der attraktivsten Seniorität einen wichtigen Schritt dar. Und bei manchen Emittenten bietet es sich unter Umständen an, die zwar volatileren, dafür aber höher verzinsten Nachränge mit den kürzeren Kündigungsfristen zu kaufen.

Hofmann nennt Beispiele: „Bei den schwierigeren Namen hinsichtlich Newsflow und in der Folge höheren Spreads sind wir mit den kurzen Fälligkeiten besser aufgestellt als mit den langen. Bei einer türkischen Bank bieten die Nachränge im Vergleich zu den Senior-Bonds ganz wenig Pickup.“ Ein Bail-In hält er in einem solchen Fall aus verschiedenen Gründen für eher unwahrscheinlich. „Von daher ist keine Riesenprämie erforderlich, aber für uns als Investoren ist es nicht attraktiv, dann einen türkischen Banken-Nachrang zu kaufen, nur um extra 70 Basispunkte zu verdienen bei einer Anleihe, die eh schon 8 Prozent zahlt“, unterstreicht er. „Wenn wir uns dagegen jetzt Telefonica ansehen, sind die Nachränge schon attraktiv. Da stehen zwei bis drei Prozentpunkte mehr als auf der entsprechenden Senior-Anleihe drauf, und da wollen wir dann den Nachrang.“ Eine interessante andere Gattung von Hybrid-Anleihen sind die so genannten Fixed for Life Bonds, Hybridanleihen mit unveränderbarem Kupon. Nach einem starken Rückgang im schwachen Marktumfeld Ende 2018 haben diese Anleihen in Folge der geänderten Erwartungen an das US-Zinsniveau jetzt wieder an Attraktivität gewonnen. Der Markt hat darauf mit starken Preiserhöhungen reagiert. Eine immer stärkere Rolle bei der Auswahl des passenden Investments spielen ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance): „Mittlerweile bildet sich sogar so etwas wie eine kleine Sub-Assetklasse innerhalb des Corporate-Bonds-Segments heraus, also Green Bonds, Social Bonds, die nach gewissen Kriterien emittiert werden, und bei denen die Volumina aus der Refinanzierung dann für ESG-Zwecke investiert oder verwendet werden“, erläutert Haßelmann.

Die Top 3-Produkte der Deka für Unternehmensanleihen.

RENTEN LAUFZEITFONDS.

  • Die Laufzeitfonds der Deka-Institutionell-RentSpezial-Serie verfolgen das Anlageziel, eine für den Zeitraum der Auflegung bis zum Laufzeitende attraktive Rendite in Euro zu erwirtschaften.
  • Zu diesem Zweck sollen überwiegend die Renditechancen von Unternehmen mit guter Schuldnerqualität (Deka-Institutionell RentSpezial CorporateBond 9/2025) und geringerer Schuldnerqualität (Deka-Institutionell RentSpezial HighYield 9/2025) sowie von Staats- und Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern (Deka-Institutionell RentSpezial EM 9/2025) genutzt werden.
  • Durch das feste Fälligkeitsdatum, kalkulierbare Renditechancen und regelmäßige Ausschüttungen bieten sie eine hohe Planungssicherheit.

DEKA-CORPORATEBOND EURO TF.

  • Anlageziel: Mittel- bis langfristiger Kapitalzuwachs durch die Vereinnahmung laufender Zinserträge sowie durch eine positive Entwicklung der Kurse der im Sondervermögen enthaltenen Vermögenswerte.
  • Weiterhin können Geschäfte in von einem Basiswert abgeleiteten Finanzinstrumenten (Derivate) getätigt werden.
  • Investition vorwiegend in Unternehmensanleihen mit guter bis sehr guter Schuldnerqualität.

DEKA-GLOBALE RENTEN HIGH INCOME CF.

  • Anlageziel: Mittel- bis langfristiger Kapitalzuwachs durch die Vereinnahmung laufender Zinserträge sowie durch eine positive Entwicklung der Kurse der im Sondervermögen enthaltenen Vermögenswerte.
  • Erwirtschaftung einer höheren Gesamtrendite als aus einem Portfolio auf Euro lautender, hinsichtlich ihrer Schuldnerqualitäten besser bewerteter Staatsanleihen.
  • Strategie: Investition überwiegend in fest- und variabel verzinsliche Unternehmensanleihen weltweit sowie in fest- und variabel verzinsliche Anleihen von Ausstellern aus Schwellenländern. Weiterhin kann in Staatsanleihen und besicherte verzinsliche Wertpapiere aus der Eurozone investiert werden.

Doch wie wird sich der Markt für Unternehmensanleihen nach der zurückliegenden Rally im weiteren Jahresverlauf entwickeln? „Wir haben im ersten Quartal in den Investment Grade-Mandaten gut zweieinhalb Prozent erzielt, und bei den Mandaten für Hochzins-Anleihen sind wir bei über fünfeinhalb Prozent. Und es ist klar, dass wir das nicht annualisieren werden können“, sagt Hofmann. Insgesamt ist das Jahr gut angelaufen, das Umfeld ist unverändert durch die unterstützende Zentralbankpolitik geprägt. Und das wird bis auf Weiteres auch so bleiben, nachdem die EZB und die Federal Reserve die Wende von der Zinswende verkündet haben. Das Zinsumfeld ist weiterhin so niedrig, dass Corporate Bonds interessant bleiben. „Daher habe ich nicht den Eindruck, dass es das jetzt schon war. Wir haben noch viele Kupons zu verdienen“, blickt Hofmann daher optimistisch in die Zukunft.