Zum Inhalt springen
Abnahme

Research und Märkte

Auf die Plätze, fertig, los!

Die Hoffnungen von Wirtschaft und Investoren richten sich auf das 500-Milliarden-Euro-Paket für die Infrastruk­tur. Doch was heißt das für Deutschland und Europa? Der Bundeskanzler warnt vor verfrühtem Optimismus.

Juni 2025

Migration, Außenpolitik und Wirtschaft sind die Schwerpunkte, die Friedrich Merz als neuer Kanzler einer schwarz-roten Regie­rung ganz oben auf seine Prioritätenliste gesetzt hat. Noch mit den Stimmen des alten Parlaments hat er das Lieferkettenverant­wortungsgesetz abgeschafft, für einige Steuererleichterungen ge­sorgt und die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt, um unbegrenzt Geld für Rüstung ausgeben zu können und ein umfangreiches Infrastrukturpaket von 500 Milliarden Euro für die nächsten zwölf Jahre auf den Weg zu bringen.

Vor allem diese Maßnahmen könnten die deutsche Wirt­schaft, die derzeit beim Wachstum zu den Nachzüglern innerhalb der EU gehört, in Gang bringen und die Rezession vertreiben. Die Investoren honorieren dies. Der Dax kletterte unlängst sogar auf neue Rekordstände. Der S&P 500 hinkte dagegen im gleichen Zeitraum etwas hinterher. Die wichtige Frage: Wird es mit Deutschland und Europa jetzt wirklich weiter aufwärtsgehen?

Expertenschätzungen, die das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Dax 40 betrachten, stützen diese These auf den ersten Blick. Das Verhältnis liegt etwa bei 15 und damit genau im histori­schen Durchschnitt. Zum Vergleich: Das KGV des amerikanischen S&P-500-Index liegt mit 30 rund doppelt so hoch. Allerdings sind die beiden Indizes nicht wirklich vergleichbar. Denn nimmt man die mit einem niedrigen KGV von unter 5 gehandelten Aktien der kri­sengeschüttelten deutschen Automobil-hersteller BMW, Mercedes, VW, Daimler Trucks, Porsche und der Zulieferer aus dem Index he­raus, bewegt sich das Dax-KGV in Richtung 19 und damit über dem historischen Durchschnitt. Auf der anderen Seite treiben nachgefragte Big-Tech-Aktien wie Apple, Nvidia, Microsoft, Ama­zon, Meta und Alphabet das KGV des S&P 500 aufgrund ihrer hohen Gewichtung deutlich in die Höhe. Dadurch relativiert sich das Dax-KGV im Vergleich zu den US-Indizes. Ähnlich sieht es beim Euro Stoxx 50 mit einem KGV von 14 aus. Deka-Chefvolkswirt Ul­rich Kater ist sich dennoch sicher: „Wir erleben eine Neujustierung der Anlagepolitik weltweiter Portfolios. Die Absenkung von US-Quoten geschieht allerdings allmählich, sofern durch die US-Politik nicht weiteres Öl ins Feuer gegossen wird.“

Verbesserung der digitalen Infrastruktur.

Mit dem Geld, das die neue Bundesregierung innerhalb von drei Legislaturperioden bereitstellen will, sollen Straßen, Schienen und Brücken sowie Schulen, Hochschulen und Forschungs-einrichtun­gen saniert und ausgebaut werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Ausbau des Breitbandnetzes und die Verbesserung der digitalen Infrastruktur. Dem Klimaschutz dienen die energetische Gebäudesanierung, der Ausbau erneuerbarer Energien, die Modernisierung der Stromnetze und die Förderung von Energiespeichertechnologien.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet da­mit, dass die Investitionen die Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um rund ein Prozent steigern können. Ab 2027 seien im Schnitt sogar mehr als zwei Prozent pro Jahr möglich. Merz selbst dämpft die Erwartungen: Einen „schnellen Gewinn“ werde es nicht geben. Es könne dauern, bis ein durchschlagender Effekt eintrete. Die neue Regierung wolle aber erreichen, dass sich die Stimmung bis zum Sommer grundlegend ändere.

An der Börse sollten Unternehmen aus dem Bau- und Infra­struktursektor von vollen Auftragsbüchern und langfristigen Ver­trägen profitieren. Vor allem die Verbesserung der Infrastruktur und die Förderung klimafreundlicher Technologien dürften die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigern. Hinzu kommt eine bessere Bildung. „Im aktuellen Umfeld kommt Europa zu­gute, dass internationale Anleger angesichts der Unsicherheiten in den USA ihre Anlagen global diversifizieren. Dabei profitiert der deutsche Aktienmarkt davon, dass er in den vergangenen Jahren stark unterinvestiert war und relativ zu den USA immer noch günstig bewertet ist“, sagt Joachim Schallmayer, Leiter Kapital­märkte und Strategie bei der Deka.

Internationale Beispiele belegen den Erfolg solcher Konjunktur- Pakete. Die USA investierten seit 2021 rund 1,2 Billionen US-Dollar in ihre Infrastruktur. Erwartet wird, dass dieses Paket mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze schafft und das jährliche Bruttoinlandspro­dukt um etwa 0,5 Prozent steigert. Chinas Investitionen von 3,6 Billionen Yuan (etwa 500 Milliarden US-Dollar) in Hochgeschwindigkeitsbahnen und 5G-Netze kurbelten das Wirtschaftswachstum an. Die EU investiert mit dem „NextGenerationEU“-Paket 750 Mil­liarden Euro, um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen. Diese Investitionen sollen das Wirtschaftswachstum um 1,5 Prozent pro Jahr steigern und Millionen von Arbeitsplätzen schaffen. Allerdings können bürokratische Prozesse und langwierige Genehmigungs­verfahren die Umsetzung in Deutschland und der EU behindern.

Und die Pakete können auch negative Folgen haben. In der Bauwirtschaft könnte der Schub an neuen Projekten zu Engpäs­sen bei Arbeitskräften und Materialien führen. Zudem dürften öffentliche Bauvorhaben bei der Planung und Genehmigung Vor­rang vor privaten Bauvorhaben erhalten und zu Verzögerungen im privaten Wohnungsbau führen. Auch die Bauzinsen dürften weiter steigen, wenn der Bund im Zuge seiner Verschuldung den Investoren höhere Zinsen bietet. „Mit ihrer Industrie- und Export­abhängigkeit wird sich die deutsche Wirtschaft im aktuellen Um­feld weiter sehr schwertun“, sagt Schallmayer voraus. Für die Gewinne der Dax-Unternehmen sei dies aber nur bedingt ein Bremsklotz. „Sie werden zwar vor allem durch den Automobil­sektor belastet, die übrigen Unternehmen dürften dies aber mehr als kompensieren, sodass ein moderater Zuwachs der Unterneh­mensgewinne für dieses Jahr zu erwarten ist.“

„Wir erleben eine Neujustierung der Anlagepolitik weltweiter Portfolios“

Dr. Ulrich Kater

Chefvolkswirt der Deka.

Umsetzung der Kapitalmarktunion.

Politisch strebt die Bundesregierung unter Merz eine aktivere Rol­le in der EU an. Der neue Kanzler will die Wettbewerbsfähigkeit stärken und Bürokratie abbauen. Er fordert eine Konzentration auf wesentliche Politikfelder wie Sicherheits-, Außen- und Wirt­schaftspolitik. „Im Kleinen macht die EU zu viel, im Großen zu wenig“, sagte Merz kürzlich auf der European Economic Confe­rence. Er begrüße die Initiativen der Europäischen Kommission zum Abbau von Bürokratie und fordert die vollständige Umset­zung der Kapitalmarktunion sowie die weitere Integration des Binnenmarktes. Merz unterstützt die lateinamerikanische Merco­sur-Zone als gutes Beispiel für einen gemeinsamen Markt und be­tont die Notwendigkeit, fairen Handel gegen nationalistische Zölle oder unfaires Preisdumping zulasten der Europäer zu verteidigen.

Umgekehrt legen seine neuen europäischen Kollegen die Mess­latte hoch. Der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker be­tont, dass Krieg auf unserem Kontinent herrsche und ein starkes Deutschland wichtig für Europa sei. Sein griechischer Amtskollege Kyriakos Mitsotakis meint, die neue Bundesregierung solle mehr im eigenen Land investieren, schließlich sei die deutsche Wirtschaft ein starker Motor für das europäische Wachstum: „Wir sind alle be­troffen, wenn es Deutschland wirtschaftlich nicht gut geht.“

Größter Unsicherheitsfaktor für Deutschland und Europa blei­be aus heutiger Sicht aber die erratische Zollpolitik der USA: Sie sei, so Merz, „eine der großen Unbekannten für unsere Volkswirt­schaft“. Umso wichtiger sei es, dass Deutschland „die preisliche Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft“ wieder herstelle. „Dem positiven fiskalischen Effekt stehen Belastungen aus den Handelskonflikten gegenüber, sodass der Nettoeffekt gering und der Ausblick für die deutsche Wirtschaft bescheiden ausfällt“, schätzt Schallmayer. Dank des großen europäischen Binnenmark­tes könnten die Zollbelastungen zwar reduziert, aber nicht kom­plett kompensiert werden. Chefvolkswirt Kater fasst zusammen: „Die Weltwirtschaft konzentriert sich zunehmend auf wenige große regionale Zentren. Die Welt wird multipolarer als bisher und damit auch die Finanzmärkte.“

Quelle: fondsmagazin

Hinweis: Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Deka Investmentfonds sind die jeweiligen Basisinformationsblätter, die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jeweiligen Berichte, die in deutscher Sprache bei den Sparkassen oder der DekaBank Deutsche Girozentrale, 60625 Frankfurt, und unter www.deka.de erhältlich sind. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte in deutscher Sprache inklusive weiterer Informationen zu Instrumenten der kollektiven Rechtsdurchsetzung ist unter www.deka.de/beschwerdemanagement verfügbar. Die Verwaltungsgesellschaft des Investmentfonds kann jederzeit beschließen, den Vertrieb zu widerrufen.

Weitere interessante Artikel